Die Kunst des Kalten Krieges

György Kepes und William Wainwright: Photoelastic Walk, 1969. 10,2 x 61 cm lange polarisierende Lexanfolie, fluoreszierende Lichter
Im Kalten Krieg sind die bildenden Künste enge Beziehungen mit den Wissenschaften und der Industrie eingegangen. Exemplarische Konstellationen für die Konzeptualisierung solcher moderner Dienstbeziehungen als „künstlerischer Forschung“ stellen z. B. das 1967 am MIT etablierte „Center for Advanced Visual Studies“ dar oder das legendäre „Art and Technology“-Programm des Los Angeles County Museums, das den Austausch des Künstlerwissens von Materialien und Techniken mit der wissenschaftlichen und industriellen Praxis fördern sollte. Zu untersuchen ist, was die ästhetische Reflexivität der aus solchen Verhältnissen hervorgegangenen Kunstwerke im historischen Kontext zu leisten vermochte, welche Fragen sie provozierte und welche Funktionen sie erfüllen sollte.

Um beschreiben zu können, welches Wissen hier zwischen den Wissenschaften, der Industrie und den Künsten zirkulierte und so zum impliziten Bildwissen wurde, greift das Projekt auf den Stilbegriff Gottfried Sempers zurück und sucht ihn für eine kritische Bildgeschichte und eine historische Wissenschaftsforschung zu aktualisieren, die mehr sein wollen als nur Ideengeschichte. Sempers „praktischer Ästhetik“ zufolge entsteht Stil aus dem tatsächlichen oder symbolischen Zweck eines Werks, dem verwendeten Material und den Werkzeugen und Prozeduren, die bei seiner Herstellung zum Einsatz kommen. Diesen historischen Entwurf für die Analyse nutzbar zu machen, ermöglicht es, den Wandel vom Industrie- zum sogenannten Informationszeitalter fassbar zu machen.